Alte Nahebrücke und Brückenhäuser

Über diese Brücken musst Du gehen

Florenz hat seine Ponte Vecchio, Erfurt die berühmte Krämerbrücke, Bamberg sein imposantes Brückenhaus – und Bad Kreuznach die Alte Nahebrücke mit den Brückenhäusern.

Städte, die an Flüssen liegen, werden für die immer mal wieder drohende Hochwassergefahr reich entschädigt: Der Flusslauf, ist er in das Stadtbild eingebunden und muss er sich nicht verstecken, schenkt der Stadt ein Mehr an Atmosphäre und Flair. Das ist wohl ein Grund dafür, dass sich die Alte Nahebrücke zu der lokalen Ikone, dem sogenannten Wahrzeichen der Stadt, entwickelt hat. Was, wie Dr. Martin Senner in seinem lesenswerten Buch „Kreuznacher Brückenhäuser. Geschichte(n) eines Wahrzeichens“ die längste Zeit seit Bestehen der Brücke, in der Zeit vor 1850, nicht der Fall war.

Gleich zwei Flussläufe werden hier überbrückt. Der Hauptarm der Nahe und ein Nebenarm – der Mühlenteich, der für die Mahlwerke Wasserkraft lieferte. Er wird am Kurpark abgezweigt, um sich kurz nach der Brücke mit dem Hauptstrom zu vereinigen. Die Alte Nahebrücke besteht also aus zwei Bauwerken. Als die mittelalterlichen Grafen von Sponheim ihre Neugründung der Stadt anlegten, da schufen sie um 1300 auch eine steinerne Brücke über die Nahe. Sie ersetzte eine Vorgängerkonstruktion aus Holz. Acht Bögen verbanden die mächtigen Pfeiler, ein erstaunliches Stück Ingenieurkunst in nachrömischer Zeit. Die Brücke verband und verbindet bis heute die Stadtteile Alt- und Neustadt, die zu gleicher Zeit als Doppelstadt entstanden. 

Häuser befanden sich damals nicht auf der Brücke. Nur ein Stadttor stand darauf, die Brücke mit ihren Pfeilern war Teil der Stadtmauer als Wehranlage. Die Pfeiler waren hohl und dienten als Pulverkammern. Noch heute erkennt man Schießscharten. Genau auf diese Pfeiler errichteten die Kreuznacher – gegen das wiederholte Verbot der Obrigkeit – etwa ab 1500 Brückenhäuser, die den Pfeiler als Keller nutzten. Die Fachwerkhäuser wurden dabei mit eisernen Stützbalken abgestützt: den Knaggen. Die Gebäude widerstanden so gesichert auch Hochwassern – im Jahr 1732 jedoch rissen die Fluten ein Brückenhaus weg, der Eigentümer – ein Apotheker – ertrank im Keller. Brückenhäuser wurden dabei auf dem Brückenteil errichtet, der über den Mühlenteich führt. Die Brücke über den Hauptarm der Nahe blieb weitgehend frei. Dort befand sich unter anderem der schmale Bau des Stadtgefängnisses und ein überdachter Verbindungsgang zur Pauluskirche.

Nur bei zwei Brückenhäusern, aus den Jahren nach 1600, hat sich diese Bauweise erhalten, die anderen wurden dem Zeitgeschmack entsprechend umgebaut. Die beiden trauf- und giebelständig angeordneten Gebäude bilden das eigentliche Wahrzeichen und sind ein unzählige Male reproduziertes Bildmotiv. Fast scheint es, als würde sich das eine dem anderen zuwenden, als würden die beiden miteinander plaudern. Eines der beiden Häuser hat eine Kugel in der Stirn: eine Kanonenkugel, die – so die örtliche Sage – bei der Eroberung der Stadt durch die Schweden ihren Weg in die Fassade fand, also 1632.

Krieg hat der Brücke auch später übel mitgespielt: Kurz vor der Einnahme der Stadt durch amerikanische Truppen sprengten deutsche Soldaten die Brücke über den Hauptarm der Nahe, wo nur zwei Gebäude standen – darunter das Arresthaus. Aufgebaut wurde dieser Teil nicht wieder als Bogenbrücke (1955), sondern als Spannbetonkonstruktion, die nun wegen Baufälligkeit mit einem Pfeiler unterfangen werden musste.  Das hat die Liebe der Bad Kreuznacher zum verbliebenen Teil nur um so mehr gesteigert wie das große Interesse an der Sanierung der Brücke und der Erhaltung der teils altersmüden Gebäude bis heute beweist.

Beliebtes Fotomotiv ist die Alte Nahebrücke über den Mühlenteich von der Pauluskirche aus gesehen. Die Gesamtansicht bietet sich aber noch besser von der Kirschsteinanlage aus dar, wo man über das Nahewehr hinweg auf das Ensemble Brücke und Pauluskirche schaut, das seit 700 Jahren die Stadtsilhouette prägt.